Sophie von Prieser (1839–1891) lebte in einer Zeit, in der Ausbildung und
Studium für Frauen noch keine Selbstverständlichkeit waren. Aber gerade das
war es, wofür sie sich ihr Leben lang einsetzte.
Als älteste Tochter des Geheimrates Heinrich von Prieser stand ihr die
Möglichkeit offen, das Königinnen-Katharina-Stift zu besuchen. Hier konnten
zwar Mädchen eine Schule besuchen, aber nur bis zur 8 Klasse. Sophie
musste die Schule bereits nach der 7 Klasse verlassen, weil ihre Mutter
verstarb und sie deren Aufgabe, die Versorgung des elterlichen Haushaltes,
übernehmen musste. Auch dies hielt sie nicht davon ab, sich dem Thema
Bildung und Lernen weiter mit großem Engagement zu widmen. Sie eignete
sich Wissen in vielen verschiedenen Bildungsbereichen an: Sprachen,
Literatur, Geschichte und Geographie im Selbststudium oder auf
Bildungsreisen.
Nach dem Tode des Vaters (1870) ging sie nach Berlin an das Victoria-Lyzeum, um dort einen Abschluss zu erwerben, was zu dieser Zeit in
Württemberg für Frauen noch nicht möglich war.
Wieder zurück in Stuttgart gründete sie die „Lehr- und Erziehungsanstalt für
Mädchen”. Hier wurde Unterricht für Mädchen von 6–15 Jahren angeboten. Sie
war damit Vorreiterin, denn erst ein Jahr später erweiterte auch das
Königinnen-Katharina-Stift sein Angebot auf diese Altersgruppe. Zusammen
mit Sophie Hochstätter leitete sie die Schule mit Pensionat, die von ihren
Schülerinnen liebevoll auch die „Prieserei” genannt wurde. Sie versuchten das
Institut ständig weiter zu entwickeln und den Schülerinnen auch nach der
zuletzt 10-jährigen Schulzeit, eine Anschlussmöglichkeit an eine berufliche
Bildung, wie der Industrieschule oder des Seminars für Lehrerinnen zu bieten.
Nicht nur die Schulbildung auch die allgemeine Frauenbildung stand im Focus
der „Prieserei.” Durch Vorträge und Informationsveranstaltungen konnte
Sophie von Prieser viele bürgerliche Frauen für ihre Ideen begeistern. So
gründete sich in ihrer Erziehungsanstalt am 13.10.1873 der Schwäbische
Frauenverein, dessen Gründungsvorsitzende sie wurde.
Das Bestreben des Vereins war nicht die Emanzipation der Frauen, sondern
galt praktische Zielen: die Einrichtung von Bildungsstätten für Frauen.
Das Programm sah die Gründung eines Lehrerinnen-
seminars, der Töchter-Handelsschule, der Frauen-Arbeitsschule und der Kindergärtnerinnenschule
mit Kindergarten nach dem Vorbild Friedrich Fröbels vor.
Auch die Vermittlung von Arbeitsstellen für Frauen und die Eröffnung weiterer
Bahnen der Frauenarbeit standen im Programm des Vereins. Er stellte sich
„die Aufgabe, erhöhte Bildung des weiblichen Geschlechts und die Befreiung
der Frauenarbeit von allen ihrer Entfaltung entgegenstehender Hindernisse zu
wirken”. (Der Schwäbische Frauenverein – Programm und Statuten,
Metzlersche Buchdruckerei, Stuttgart 1874).
Sophie von Priesers großes Ziel war es ein Lehrerinnenseminar zu gründen.
Dies gelang ihr in Zusammenarbeit mit dem Schwäbischen Frauenverein. Sie
selbst blieb jedoch Leiterin ihres eigenen Instituts.
Leider verstarb sie 1891 recht früh im Alter von 51 Jahren. Als große
Würdigung ihres Lebenswerkes gilt die Tatsache, dass die Schwäbische
Chronik – ungewöhnlich für eine bürgerliche, alleinstehende Frau – einen
Bericht über ihre Beerdigung veröffentlichte. (Schwäbische Chronik, 11.07.1891).